„Ich wand‘re durch Theresienstadt …“ Roman Knižka, Zeitzeugin Edith Erbrich und OPUS 45 in Hamburg
Musikalische Lesung über das Ghetto Theresienstadt mit TV-Star Roman Knižka, der Theresienstadt-Überlebenden Edith Erbrich und dem Bläserquintett OPUS 45. Edith Erbrich schildert im Rahmen der musikalischen Lesung ihre Erinnerungen an Theresienstadt und steht im Anschluss für Gespräche/Begegnungen zur Verfügung.
Laeiszhalle (Großer Saal) / 16. Februar 2024 / 18:00 Uhr / Eintritt frei
Schirmherrschaft: Senator Ties Rabe, Behörde für Schule und Berufsbildung
Im Jahr 1941 errichtete die SS in der böhmischen Stadt Terezín das Lager Theresienstadt. Es diente bis 1945 als Gefängnis für 150.000 deutsche, österreichische, tschechische, später auch holländische und dänische Juden. Sie alle wurden zu Opfern der menschenverachtenden nationalsozialistischen Rassenideologie. Jede:r vierte der in Theresienstadt inhaftierten Jüdinnen und Juden starb dort. Von den fast 15.000 Kindern, die nach Theresienstadt kamen, überlebten nur 132. Für Unzählige war der Ort ein „Vorhof der Hölle“. Die letzte Station vor dem Weitertransport in Vernichtungslager wie das KZ Auschwitz-Birkenau.
Es scheint rückblickend kaum vorstellbar, dass sich in Theresienstadt trotz katastrophaler Lebensbedingungen, zermürbender Zwangsarbeit, ständigem Hunger, Krankheit und der allgegenwärtigen Todesangst ein reges kulturelles Leben entwickelte: Organisiert von den Inhaftierten gab es Vorträge, Theater- und Opernaufführungen, Kabarett, Jazzkonzerte sowie zahlreiche Kammermusikdarbietungen. Über fünfzig Mal wurde allein die Kinderoper „Brundibár“ des deutsch-tschechischen Komponisten Hans Krása mit großem Erfolg aufgeführt. Vom Singen im Chor bis hin zur Gestaltung des Bühnenbilds wirkten Kinder und Jugendliche an der Inszenierung maßgeblich mit. Für junge Menschen war die künstlerische Betätigung und der Unterricht, den jüdische Künstler:innen und Pädagog:innen im Lager organisierten, von großer Bedeutung. Beides enthob, zumindest für einen Augenblick, von den Grauen des Alltags. Wie vielfältig die Kreativität junger Menschen in Theresienstadt war, dokumentieren zahlreiche Texte, Gedichte und Zeichnungen.
Die kulturellen Aktivitäten von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Theresienstadt wurden seitens der nationalsozialistischen Machthaber erst geduldet, später auf zynische Weise für Propagandazwecke missbraucht: Theresienstadt wurde der Weltöffentlichkeit als „Musterlager“ mit vielseitigem Freizeitangebot präsentiert. Im Auftrag der SS entstand der Propagandafilm „Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“. Der Film zeigt u.a. die Uraufführung eines Orchesterwerks des hochbegabten tschechischen Komponisten Pavel Haas. Dieser stand bei den Aufnahmen selbst am Pult. Kurz nach Abschluss der Dreharbeiten wurde Pavel Haas wie fast alle Mitwirkenden des Films in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet.
Die musikalische Lesung „Ich wand’re durch Theresienstadt …“ erinnert an das unfassbare Leid, die Hoffnungen und die künstlerische Selbstbehauptung der in Theresienstadt inhaftierten Jüdinnen und Juden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Schicksalen damals junger Menschen. Roman Knižka liest aus Erinnerungen u.a. von Ruth Klüger, Eva Erben, Helga Hošková-Weissová, Hannelore Brenner-Wonschick, Gerty Spies und Margot Kleinberger. Gedichte und Texte von Kindern und Jugendlichen, die in Theresienstadt inhaftiert waren, kommen ebenso zu Gehör, wie Lyrik der als Kinderkrankenschwester arbeitenden Schriftstellerin Ilse Weber.
Edith Erbrich, eine Überlebende des Ghettos, wird ihre Erinnerungen an Theresienstadt selbst schildern. Am 14. Februar 1945 wurde die damals siebenjährige Edith mit ihrer Schwester und ihrem jüdischen Vater in einem der letzten Transporte von Frankfurt/Main nach Theresienstadt deportiert. Der katholischen Mutter wurde die Mitfahrt verweigert. Die Weiterdeportation nach Auschwitz zur Vernichtung war bereits auf den 9. Mai festgelegt, da befreite in der Nacht zum 8. Mai 1945 die russische Armee das Lager. Vater und Töchter hatten überlebt.
Das Bläserquintett OPUS 45 spielt Kompositionen u.a. von Pavel Haas, Hans Krása, Viktor Ullmann und Gideon Klein. In Theresienstadt inhaftiert und von den Nationalsozialisten ermordet, geriet das Werk dieser bedeutenden Komponisten nach Ende des Zweiten Weltkriegs lange Zeit in Vergessenheit.
Vom 12. bis 16. Februar besuchen Roman Knižka und die Musiker:innen des Bläserquintetts OPUS 45 im Rahmen des Projekts ausgewählte Schulen in Hamburg. An den Schulen werden im Rahmen unterschiedlicher Workshops kreative Beiträge zum Thema Theresienstadt erarbeitet, die ebenfalls in das Konzert mit einfließen werden.
Das Konzert im Großen Saal der Hamburger Laeiszhalle ist öffentlich, der Eintritt ist frei!!!
Die Schirmherrschaft hat Schulsenator Ties Rabe inne.
Die beteiligten Schulen sind:
– Stadtteilschule Bergedorf
– Ilse-Löwenstein-Schule
– Stadtteilschule auf der Veddel
– Nelson-Mandela-Schule
– Gymnasium Oberalster
– Christianeum
– Stadtteilschule Helmuth Hübener
– Elisabeth-Lange-Schule
Wir danken Christoph Berens vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung sehr herzlich für die Kooperation und für die Koordinierung der Schulen.
Ein Projekt der Bildungsagenda NS-Unrecht, gefördert durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und die Stiftung EVZ.
Foto: Daniel Haeker Photography